Zu seiner Person

Sen-nefer's Brief
[Abb. S2] Brief des Sen-nefer an den Pächter Baki. Auf der obere Abbildung ist gut der Name des Absenders Sen-nefer in Hieratisch zu erkennen (ersten zwei Zeichen von rechts). Auf der unteren Rolle sieht man den Adressaten (Baki Sohn des Ky-sen) und das königliche Siegel. Das Papyrus Berlin Nr. 10.463 wird im Ägyptischen Museum Berlin aufbewahrt.

Unter all den Titeln die Sen-nefer, darunter solchen, die er einschließlich der damit verbundenen Pfründe von seinem Vater übernahm, war der des Bürgermeisters von Theben sicher der wichtigste. Das bedeutete, dass Sen-nefer für die Verwaltung der Stadt, die Flusshäfen am Nil und die umliegenden ländlichen Distrikte die Verantwortung trug. Er kontrollierte die Steuereinnahmen in Form von Getreide und anderen Naturalien, um sie an das Amt des Wesirs weiterzuleiten. Er war aber zugleich auch für den Unterhalt der Tempel in diesem Bereich zuständig, und dies erklärt die Vielzahl seiner übrigen Verwaltungs- und Priestertitel. Als Vorsteher der Kornspeicher und Felder, der Gärten und der Viehherden des Amun unterstand ihm weitgehend die landwirtschaftliche Produktion des Amun-Tempels. Wie er sich selbst einschätzte, geht wiederum aus den Inschriften seines Grabes hervor: "Sen-nefer, der täglich das Beste von allerlei Pflanzen der Plantage Seiner Majestät anliefert, um sie dem Tempel des Amun zu bringen. Er ist der Vertraute des Herrn der Beiden Länder, der nichts, was man ihm sagt, außer Acht lässt. Sen-nefer, der das Nützliche im Amt tut und die Ohren des Horus (des Königs) in dessen Palast füllt, der große Freund im Königshaus, der allein bei seinem Herrn eintreten darf und der den Mund verschließt über das, was seine Augen sehen. Der Bürgermeister Sen-nefer, der zu jeder Stunde gerufen wird, um die Pläne der Beiden Länder auszuführen."

Inspektionsreisen zu den Gütern des Amun-Tempels führten ihn weit im Lande umher, "er kam zu den Weidegebieten in Ober- und Unterägypten und traf Fürsorge im Gebiet des Horusweges", das heißt er besichtigte u. a. auch die Weinanbaugebiete am Isthmus von Suez. Um eine Vorstellung von Umfang und Bedeutung dieser Stellung zu vermitteln, scheint ein Hinweis auf die Besitzungen des Amun-Tempels angezeigt. Das Tempelareal von Karnak, der Göttertriade Amun, Mut und Chons geweiht, übertraf an Reichtum alle übrigen Heiligtümer Ägyptens. Wenn im Papyrus Harris aus der Zeit Ramses' III. (1193 bis 1162 v. Chr.) die Zahl der Beschäftigten mit 81 322 angegeben wird und der Grundbesitz "433 Gärten, 2393 km2 Felder, eine Flotte von 83 Schiffen, 46 Bauprojekte und 65 Siedlungen" umfasste, so muss man zwar in Rechnung stellen, dass die Priesterschaft des Amun nach der Enteignung während der Amarnazeit sich besonders hoch hatte entschädigen lassen und folglich diese Zahlen nicht ohne weiteres auf die erste Hälfte der 18. Dynastie übertragbar sind, aber auch zur Zeit des Sen-nefer ist der Besitz des Amun-Tempels nicht gering zu veranschlagen. An Gunstbeweisen für seine Verdienste mangelte es dem beflissenen Beamten nicht. Als besonders persönliche Auszeichnung mag er "die beiden Herzen aus Gold und Silber", mit denen er sich in der Sargkammer mehrfach abbilden ließ, empfunden haben. Sen-nefers Untergebene hingegen mussten sich wohl manches harte Wort in barschem Befehlston gefallen lassen. In Beischriften zu Landwirtschaftsszenen in seinem Grab heißt es denn auch: "Schlagt, schlagt und stampft. Seht, der Bürgermeister von Theben wünscht die Arbeit!" Oder die Getreidezählschreiber der Scheune in Karnak sagen: "Füllt, füllt an, denn es wünscht der Bürgermeister, dass gar sehr dem Amun angefüllt werde."

Literatur: Sen-nefer Die Grabkammer des Bürgermeisters von Theben (Verlag Philipp von Zabern 1986)