El-Charga

Hieroglyphe
[Abb. O34] große Oase

frühchristliche Nekropole
[Abb. O35] Die frühchristliche Nekropole von Bagawat

Allgemeines

Charga - im arabischen Sprachgebrauch die "äußere Oase", im Gegensatz zur weiter nördlich gelegenen "inneren Oase" Dachla - wurde von den alten Ägyptern nach ihrem Hauptort, der "Stadt des Pfluges", meist "Hebet" genannt oder als "Südliche Oase" bezeichnet. Aus Hebet machten die Griechen Hibis. Zur Römerzeit war sie die Große Oase (Oasis magna) [Abb. O34]. In mittelalterlichen Quellen heißt die Oase El-Miamun, was deutlich noch an die dort zur Zeit der Pharaonen praktizierte Amun-Verehrung anklingt. Wie die übrigen Oasen liegt Charga in einer Depression der Westwüste, die von knapp Meereshöhe bis 80m über den Meeresspiegel reicht, während die umgebende steile Hügelkette aus Kreidekalk terrassenartig 360 bis 460m über den Meeresspiegel ansteigt. Die Geländesenke umfasst etwa ein Areal von 200km in Nord-Süd-Richtung und 20-50km in West-Ost-Richtung und nimmt damit eine Fläche von rund 3000 km2 ein. Die zahlreichen Zeugenberge, die sich in der Oasensenke erhalten haben, können Höhen bis 220m über den Meeresspiegel erreichen.

Geschichte

In der Altsteinzeit müssen die Lebensbedingungen in der Gegend von Charga viel günstiger gewesen sein als in späterer Zeit, denn sowohl in der Depression wie auch in den umgebenden Anhöhen wurden bereits zwischen 1931 und 1933 erstmals zahlreiche altsteinzeitliche Siedlungsplätze mit Flint Werkzeugen entdeckt. Wenn auch nach dem Paläolithikum die Anzahl der Wasserquellen stark abgenommen haben muss, blieb doch genügend Möglichkeit für eine jungsteinzeitliche Bevölkerungsgruppe, Teile der Depression zu bewohnen und zu kultivieren. Von der einstigen Fülle an Flora und Fauna zeugen noch heute Felsmalereien am Gebel et-Teir, einem Gebirgszug im Norden der Oase, die dort an drei Stellen gefunden wurden, neben späteren Graffiti, die bis in die Gegenwart datieren, und einem Steinbruch aus der Spätzeit und der ptolemäischen Periode. Die Felsbilder zeigen unter anderem Giraffen, Oryxantilopen, Gazellen und Strauße. Aus der Zeit des Alten, Mittleren und Neuen Reiches gibt es in Charga bislang keine Funde, auch wenn wir aus ägyptischen Quellen des Niltals wissen, dass die Oase kolonisiert war und ständig aufgesucht wurde. In Charga wiederum aufgefundene Inschriften berichten rückblickend davon, dass dort zur Zeit des Neuen Reiches ein Tempel für Amun-Re bestand, an dem noch der Hohepriester Herihor, ein Rivale in Karnak des im Delta residierenden Ramses' IX. (1126-1108 v. Chr.), Erweiterungsbauten vorgenommen hat. Dieser früheste fassbare Amun-Tempel in Charga konnte jedoch bislang nicht lokalisiert werden. Dies ist die Periode, der auch die im vorigen Kapitel angesprochene Verbannungsstele angehört. Charga unterstand diesem Dokument zufolge, anders als Dachla, damals dem Machtbereich des Thebanischen Gottesstaates.
Die Pharaonen Apries (589-570 v. Chr.) und dessen Nachfolger Amasis (570-526 v. Chr.) aus dieser Epoche, der Saitenzeit, stationierten Garnisonen zum Schutz ihres Territoriums vor der zunehmend erstarkenden Kyrenaika, im heutigen Libyen gelegen, in den Oasen. Um die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. gab es nach Aussage Herodots in der Stadt Oasis, also in Charga, auch eine von Samiern gegründete griechische Handelsniederlassung.

Frühe Reisende

Der erste Europäer, der in der Neuzeit nach Charga gelangte, war im letzten Jahrzehnt des 17. Jhs. der französische Arzt Charles Jacques Poncet, der von hier aus entlang der Karawanenroute des Darb el-Arbain ins Innere Afrikas nach Äthiopien aufbrach. Nach ihm erreichten unter anderem Frederic Cailliaud, Bernardino Drovetti, G. A. Hoskins, Sir Archibald Edmondstone, Fredrick Müller und nicht zuletzt die Expeditionsgruppe um Gerhard Rohlfs die Oase.

Literatur: J. Willeitner, Die Ägyptischen Oasen(2003), Seite: 22-25