Oase Farafra

Hierogyphe
[Abb. O27] Ta-ihu

Farafra
[Abb. O28] Die Überreste der Festung von Qasr el-Farafra überragen noch heute den historischen Ortskern

Allgemeines

Farafra, 210km nordwestlich von Dachla und 170km südwestlich von Baharija gelegen, ist von allen Oasen in der Libyschen Wüste die kleinste, was Grün- und Besiedlungsfläche und die heutige Einwohneranzahl betrifft. Doch befindet sie sich inmitten der, mit 10.000km² Ausdehnung, größten Wüstendepression. Der tiefste Punkt der Oase liegt bei 25m über den Meeresspiegel, die durchschnittliche Absenkung beträgt 70m.

Geschichte

Im alten Ägypten wurde diese Oase "Kuhland" (t3-jH) [Abb. O27] genannt. Vermutliche Ursache war die Anspielung auf den, in dieser Oase, praktizierten Kult der Hathor oder einer anderen Rindergestaltigen Gottheit. Möglicherweise wird diese Oase schon in einen altägyptischen Text aus der 5. Dynastie erwähnt. Auch werden zwei Statuenfunde eines "Vorstehers des Kuhlandes" mit dem Namen Nacht-sa-es [Abb. 029] dieser Oase zugeordnet. Sicher sind die Erwähnungen der Oase als "Kuhland" zur Zeit des neuen Reiches, zum Beispiel in einer Auflistung von Mineralvorkommen Ägyptens zur Zeit Ramses II. an einer Hofwand des Tempel Luxor. Während der Regentschaft von Merenptahs wurde die Oase von Libyern besetzt, die diese als Ausgangsbasis für Angriffe gegen des Niltal benutzten. In Zeile 20 der Inschrift im Karnak-Tempel heißt es "Sie (die Libyer) erreichten die Berge der Oase und schnitten das Kuhland ab".
Aus Farafra zurück ins Niltal kam der Beredte Bauer, eine in der Ersten Zwischenzeit unter König Nebkaure Achtoi (10. Dynastie) angesiedelter fiktive Gestalt. In der, im pharaonischen Ägypten offensichtlich populären Erzählung, werden die Handelsgüter aufgelistet, die der Beredte Bauer aus der Oase mitbrachte. Demnach spielte Farafra, neben seiner Funktion als bedeutende Zwischenstation auf dem Karawanenweg entlang der Oasenkette, auch als Lieferant für bestimmte Rohstoffe und Fertigprodukte ("Stöcke aus Farafra" bzw. wn.t - Holz) eine wichtige Rolle.
Seit einigen Jahren werden in der Oase Farafra die Prähistorischen Relikte sowie das geografische und klimatische Umfeld erforscht. Eine Aufgabe, der sich ein Team der Universität La Sapienza in Rom unter Leitung von Barbara Barich seit 1987 stellt. Nach Auswertung von klimatologischen Daten ergab sich drei vormalige Feuchtphasen, die 7300 - 6800, 6600 - 5100 und 4900 - 4000 v. Chr. andauerten und in denen Regenfälle eine Besiedelung der heutigen Wüstenregion möglich machen. In der ersten der  dieser Perioden, im frühen Holozän,epipaläolithische Bevölkerungsgruppen als Jäger und Sammler den Oasengürtel entlang und schwärmten in den daran anschließenden Savannenregionen aus. Aus dieser zeit sind zahlreiche Steinwerkzeuge und deren Fertigungsplätze entdeckt worden. Für das mittlere bis späte Holozän (6000 - 5100 v. Chr.) ließ sich eine neue Besiedlungsphase mit einer größeren Anzahl von Fundplätzen nachweisen. Die damalige Bevölkerung lebte semitemporär in Behausungen mit Steinfundamenten und Feuerstellen und züchtete Schafe und Ziegen, eventuell auch Rinder und hielten möglicherweise auch Straußenvögel. Es konnte nachgewiesen werden, dass schon um 5800 v. Chr. Hirse und Sorghum, eine wilde örtliche Getreidesorte, kultiviert wurde. Damit ist Farafra der älteste nachgewiesene Ort des Getreideanbaues in Ägypten. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Fundstücke wie Steinwerkzeuge und Frauenfiguren aus Lehm. In einer Höhle nahe bei Ain Dalla wurden Felsmalereien von Gazellen, Antilopen und Giraffen, aber auch von Booten.

Frühe Reisende

Der erste Europäer, der in der Neuzeit die Oase erreichte, war 1820 der Franzose Frédéric Cailliaud (1787 - 1869). Der im Zuge einer Oasenexpedition Siwa und Farafra wieder entdeckte. Ein weiterer großer Entdecker war Gerhard Rohlfs, der am 30. Dezember 1873 die Oase erreichte.

Qasr el-Farafra

Das Zentrum der Oase bildet der kleine Ort Qasr el-Farafra. Bis 1958 war das Stadtbild noch von einer Festung aus dem 15. Jh. n. Chr., der der Ort auch seinen Namen verdankt (Qasr = Burg), bestimmt.
Erst seit Mitte der 1980er Jahre sind Funde aus der klassischen pharaonischen Periode bekannt. In der Nähe von Ain Galaua konnten eine Reihe kleiner, undekorierter Felsengräber entdeckt werden. Durch Funde konnten diese Gräber in die Ramessidenzeit (19. und 20. Dynastie) zugeordnet werden. Weitere gefunden Gräber stammen aus der Römerzeit bzw. aus den 1. und 2. Jh. n. Chr.. Leider wurden bis heute noch keine größeren Gebäude wie z.B. Tempel gefunden.

Statue Nacht-sa-es
[Abb. O29] Die Statue des Nacht-sa-es, eines "Vorstehers des Kuhlandes" (Brooklyn Museum, New York)

Literatur & Bilder: J. Willeitner, Die Ägyptischen Oasen (2003), Seite: 86-88