Die Traumstele des Tanwetamani (664 - 656 v. Chr.)

Traumstele
[Abb. N45] Bildfeld der Traumstele (Ägyptische Museum Kairo)

<<Jahr 1, als er als König erschien, da sah Seine Majestät einen Traum bei Nacht mit zwei Schlangen, von denen die eine an seiner rechten Seite, die andere an seiner linken Seite war. Seine Majestät erwachte, aber er fand sie nicht. Seine Majestät sagte:"Weshalb ist mir dieses zuteil geworden?" Da wiederholte man es ihm mit den Worten: "Dir gehört das Südland, nimm dir auch das Nordland! Dann erglänzen Geier und Schlange an deinem Kopfe. Das ganze Land wird dir gegeben in seiner Länge und seiner Breite, es gibt keinen anderen, der es mit dir teilte".>>

Im Jahre 664 v. Chr. hatte der Nachfolger Taharqa, möglicherweise der Sohn des Schebitku und damit der Neffe Taharqa, einen Traum. Er wollte das Land, das von den Assyrern gespalten und besetzt war wieder vereinigen. Ganz in der Tradition der Traumstelen des neuen Reiches wie z.B. die des Thutmosis IV.

Nach dem Abhalten eines großen Festes zu Ehren des Amun-Re in Napata fuhr Tanwetamani (Tanut-amun) den Nil flussabwärts, um auf ähnliche Weise wie seine Vorgänger Chnum in Elephantine und Amun-Re in Theben zu ehren. Auf dem Weg nach Memphis wurde er von Menschenmengen, die sich längs des Nils ansammelten, enthusiastisch begrüßt. Dieses literarische Motiv kennen wir schon aus den Texten des Fürsten Osorkon und des Königs Pije. Nachdem er Memphis erobert hatte, rechnete er blutig mit den Anführern der Rebellion ab, die ihm die Herrscher der kleinen unterägyptischen Fürstentümer eingebrockt hatten. Da begaben sich die übrigen Rebellen zu Gesprächen mit dem kuschitischen Herrscher, der ihnen eine durchaus selbstverständliche Nachricht bekannt gab, dass ihm nämlich dieser Sieg durch den Gott Amun von Napata versprochen worden war. Durch dieses unwiderlegbare Argument überzeugt, legten die Rebellen eine unterwürfige Deklaration ab; der großzügige König veranstaltete für sie einen Empfang und ließ sie ruhig in ihre Heimatstädte zurückkehren, damit sie sich ihren landwirtschaftlichen Aufgaben widmen konnten.
Bei diesem Feldzug kam Tanwetamani in kürzester Zeit bis nach Memphis. Doch ließ diesmal, im Gegensatz zur ersten Vertreibung der Assyrer ungefähr 80 Jahre vorher, die Antwort nicht lange auf sich warten. Unter Assurbanipal drängten die Assyrer das Heer von Tanwetamani zuerst bis nach Theben und nach deren Plünderung und Zerstörung bis in das Kernland Nubiens (Napata) zurück. 663 v. Chr. war der ganze Spuk wieder vorbei. 656 v. Chr. stirbt Tanwetamani eine weiter eine Bedeutung in der ägyptischen Geschichte gespielt zu haben.

Literatur: J. Willeitner, Nubien (1996) in: 60-61; K. Mysliwiec, Herr Beider Länder (1998) in: 144-145; T. Schneider, Lexikon der Pharaonen (2002) 285; P. A. Clayton, Die Pharaonen (1994) 190 - 193; Kemet, Die ägyptische Spätzeit Heft 3 / 2002