Die Triumphstele des Pije (747 - 716 v. Chr.)

Triumpfstele
[Abb. N46] Bildfeld der Triumphstele (JE 48862 Ägyptische Museum Kairo)

<<Das einundzwanzigste Jahr, der erste Monat der Jahreszeit der Überschwemmung, der erste Tag, zur Regierungszeit des Königs von Ober- und Unterägypten, Pije-meri-Amun, möge er ewig leben! (...) Sie kamen, um Seiner Majestät zu sagen: <<Es gibt einen (solchen) Führer des Westens, einen großen Fürsten in Netjer (das heutige Behbet el-Hagar) Tefnacht im Harpunen-Gau ( 7. und 8. unterägyptischer Gau) im Gau des Wüstenstiers (Gau von Xois) in Hapi (Teil der Doppelprovinz Neith) in [...], in Anu (Sumpfgebiet, die zu Imau, der Hauptstadt des Gau des Westens gehört) in dem Haus des Goldes (und) in der Weißen Mauer (der memphitische Gau) Er nahm den ganzen Westen ein, von der (nördlichen) Küste bis nach Itj-tau (Lischt, im 21. oberägyptischen Gau) indem er sich mit einer zahlreichen Armee nach Süden bewegte. Die Beiden Länder verbinden sich mit ihm, (und) die Magnaten und Verwalter sind wie gefesselte Hunde zu seinen Füßen. Keine Güter in den südlichen Gauen schlössen vor ihm ihre Pforten: Mer-Tem (Meidum), die Güter Osorkons I. (Domäne nördlich von Herakleopolis) der Tempel des Sobek (Krokodilopolis in der Oase Fayum) Pemdje (Oxyrhynchos im 19. oberägyptischen Gau) Tjekanosch (das griechische Takona nördlich von Oxyrhynchos) alle Städte des Westens öffnen ihre Tore, von Angst vor ihm befallen.>>

Mit der Schilderung über den Vorstoß von Tefnacht und seinen Verbündeten im Jahre im 21. Jahr der Regierung Pije (728 v. Chr.) nach Süden beginnt die Triumphstele. In weitere Folge wird sehr ausführlich von der erfolgreichen militärischen Antwort Pijes berichtet. Pije gelangt dabei verhältnismäßig rasch die Angreifer aus dem Delta bis nach Memphis zurückzuschlagen, wobei er Memphis eroberte. Um seinen Anspruch zu sichern setzte er seine Schwester Amenirdis I. in Theben als "Gottesgemahlin des Amun" ein. Aber nicht Pije war der erste nubische Pharao, sondern erst sein Bruder Schabaka (716 - 702 v. Chr.). Schabaka erntete die Früchte die sein Bruder 12 Jahre vorher mit seinen Vorstoß nach Unterägypten gesät hat.

Besonders interessant ist aber der Bildteil der Stele, er illustriert auf eine sorgfältig durchdachte und durchaus didaktische Weise den Text. Ihre Komposition überrascht durch ihre Übersichtlichkeit und zugleich Perfektion in der Verteilung der Akzente und der Beibehaltung entsprechender Proportionen, was die politischen und religiösen Aspekte anbetrifft. Die drei wichtigsten Gestalten sind in der Mitte dargestellt. Auf dem Thron sitzt der Gott Amun-Re, "Herr der Throne der Beiden Länder, der an der Spitze von Karnak steht, zu Gast am Reinen Berg". Seinen Kopf schmücken zwei hohe Federn, in der linken Hand hält er das was-Zepter, und in der Rechten die Lebenshieroglyphe anch. Hinter ihm steht seine Gemahlin, die Göttin Mut, "Herrin von Ischeru", das heißt dem ihr gewidmeten Tempelbezirk in Karnak. Vor dem Götterpaar schreitet Pije, dessen Name in die königliche Kartusche eingeschrieben ist. Den Herrscher begrüßt seine Gattin, die in ein langes Gewand gekleidet ist, mit der Hand. Begleitet wird sie von dem König Nemrod, der das Sistrum schüttelt und ein hübsches, schlankes Pferd führt.

Im unteren Streifen dieser Szene fallen drei Könige vor dem kuschitischen König aufs Gesicht. Wir kennen sie aus dem Text der Stele: es sind Osorkon IV., Iuput II. und Pef-tjau-(em)-aui-(en)-Bastet. Der Autor des Textes bediente sich einer poetischen Metapher, die aus der ägyptischen Literatur bekannt ist, indem er sagt, dass sie auf den Bauch fallen. Der Unterschied zwischen Text und Bild ist hier desto verständlicher, als die Wörter Bauch und Körper im Ägyptischen den gleichen Wortlaut haben. In der gleichen Haltung sind auf der anderen Seite der Szene die fünf Fürsten und Grafen dargestellt, von denen im Text die Rede ist. Der Sieg des Königs Pije bedeutete in keinem Fall die Unterjochung Ägyptens. Der Kuschite kehrte mit seinen Truppen nach Napata zurück und wurde neben seinen Vorfahren in EI-Kurru begraben. Pije war der erste Herrscher von Kusch, der über seinem Grab eine Pyramide errichten ließ. Man könnte darin eine Reminiszenz seines Aufenthalts in Memphis vermuten, wo die Königsgräber des Alten reiches einen gewaltigen Eindruck auf ihn gemacht haben musste. Die kuschitischen Pyramiden unterscheiden sich jedoch beträchtlich von den memphitischen Pyramiden.

Literatur: K. Mysliwiec, Herr Beider Länder (1998) in: 98-109; J. Willeitner, Nubien (1996) in: 54-56; T. Schneider, Lexikon der Pharaonen (2002) in: 197; Sources: Breasted, James Henry. The Piankhi Stela, Ancient Records of Egypt. (Chicago: 1906), Part IV §§ 816 ff